Wechsel in der Geschäftsführung NEW Unternehmensgruppe

Der neue NEW-Geschäftsführer Georg Richerzhagen (v.l.), der scheidende Geschäftsführer Wilhelm Stein und der bisherige Verwaltungsleiter Wilfried Fiege, der in die neue Doppelspitze aufgerückt ist. Bild: © eifeler presse agentur

Wechsel in der NEW-Geschäftsführung

NEW-Geschäftsführer Wilhelm Stein geht nach 37 Jahren in den Ruhestand - Stein machte aus einer kleinen Ülpenicher Behindertenwerkstatt eine erfolgreiche Unternehmensgruppe mit 1500 Arbeitsplätzen – Nachfolger ist Georg Richerzhagen aus Euskirchen, der  gemeinsam mit dem langjährigen NEW-Verwaltungsleiter Wilfried Fiege die neue Doppelspitze bildet – Verabschiedungsfeier für Stein in Zingsheim

Euskirchen – Bei den gut 1200 Menschen mit Behinderung sowie 300 Mitarbeitern, die bei den Nordeifelwerkstätten (NEW) und in deren Tochterunternehmen tätig sind, hat es sich längst rumgesprochen: Der „Chef“ geht in den Ruhestand. Für viele war die Nachricht einfach undenkbar, denn wenn der Leiter der NEW, Wilhelm Stein, am Sonntag, 30. Juni, um 10.30 Uhr beim „Tag der offenen Tür“ in der Zingsheimer NEW-Einrichtung feierlich in den Ruhestand verabschiedet wird, dann hat er 37 Jahre lang die Geschicke des Unternehmens geleitet, und das von Anfang an als ihr Geschäftsführer. Ein anderer „Chef“ ist für die meisten Beschäftigten sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter also nur schwer vorstellbar.

Der gebürtige Kölner machte zunächst eine Ausbildung in einer Steuerberaterkanzlei, da ihm der Umgang mit Zahlen und die Beratung von Menschen Freude machten. Dann schloss sich ein Studium der Volks- und Betriebswirtschaft an der Uni Köln an. In seinem Studium legte er seinen Schwerpunkt auf die Gemeinwirtschaft. Sein Ziel war es, immer einerseits wirtschaftlich zu arbeiten und damit Wohlstand zu schaffen und andererseits dafür zu sorgen, dass alle und nicht nur wenige etwas von dem Erfolg einer Firma haben. Im Sozialbereich sammelte er erste berufliche Erfahrungen bei einer DRK-Einrichtung und bei einem Krankenhausträger. „An Menschen mit Behinderung habe ich damals noch gar nicht gedacht“, erinnert er sich. Er bewarb sich aber dann auf eine Stellenanzeige der „Werkstatt für Behinderte im Kreis Euskirchen“, dem Vorläufer der NEW, die gerade eine kleine Werkstatt in Ülpenich mit 150 Werkstattplätzen eröffnet hatte und übernahm am 1. September 1982 dort die Leitung. Schon bald initiierte er eine Entwicklung, innerhalb derer aus einer kleinen Behindertenwerkstatt im Kreis Euskirchen eine facettenreiche, überregional bekannte Unternehmensgruppe mit einem breiten Dienstleistungs- und Arbeitsangebot für Personen mit Handicap wurde, in der heute insgesamt rund 1500 Menschen arbeiten.

„Als ich damals in Ülpenich anfing, bemerkte ich sogleich, dass es einen enormen Bedarf an weiteren Werkstattplätzen gab, und mir war klar, dass wir weitere Standorte aufbauen mussten, um der Nachfrage gerecht zu werden“, erinnert sich Stein, dessen 37-jährige Tätigkeit bei NEW mit einer anhaltenden Bautätigkeit verbunden war: 1984 erwarben die NEW ein leerstehendes Industriegebäude in Zingsheim, das nach zweijähriger Bauzeit eine weitere Werkstatt mit 80 Arbeitsplätzen bot. Diese wurde1992 um weitere 80 Arbeitsplätze erweitert. Im Schreinereibereich wurden erste Saunakabinen als Eigenprodukt der Nordeifelwerkstätten hergestellt, die zunächst an Baumärkte und später über Fachhändler vertrieben wurden.

2002 wurde dort eine neue Holzfertigungswerkstatt errichtet, 2009 um eine weitere Werkhalle erweitert. Am Standort Zingsheim stehen damit heute 250 Werkstattplätze zur Verfügung. Zwischenzeitlich wurde auch die Ülpenicher Werkstatt 1990 und 1999 in zwei Bauabschnitten auf 330 Plätze erweitert.

Belgisches Kasino wurde Werkstatt

1997 wurde im ehemaligen belgischen Kasino in Euskirchen eine Werkstatt für Menschen mit psychischen Erkrankungen und Behinderungen mit zunächst 60 Werkstattplätzen eröffnet. Der Zuspruch war so enorm, dass eine Erweiterung notwendig wurde, die man in Euskirchen-Kuchenheim umsetzte: Nach 18-monatiger Bauzeit konnte der neue Standort mit 85 Plätzen fertiggestellt und eingeweiht werden. Die Werkstatt wurde durch den Neubau weiterer Hallen und die Anmietung von Nachbargebäuden bis heute auf 300 Plätze erweitert.

1995 mieteten die NEW einen leerstehenden Betrieb im Kaller Gewerbegebiet an und eröffneten eine weitere Zweigwerkstatt (45 Plätze) für Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen. Die Werkstatt wurde durch Anbauten in 2000 und den Bau einer Werkhalle in 2014/2015 stetig erweitert.

2009 wurde das Integrationsunternehmens „EuLog Service gemeinnützige GmbH“ in Kuchenheim gegründet. Als weitere Tätigkeitsfelder wurden in 2013 handwerkwerkliche Dienstleistungen und in 2014 ein CAP-Lebensmittelmarkt in Kuchenheim aufgebaut. Es arbeiten aktuell mehr als 50 Personen im Integrationsunternehmen.

2012 startete der Fachdienst „NEW-JOB“, der Außenarbeitsplätze der NEW in Fremdunternehmen begleitet und betreut. Aktuell werden 30 Einzelarbeitsplätze und eine gleiche Anzahl von Praktika von vier JOB-Coaches betreut. 2014 öffnete der Nahversorgungsmarktes „NimmEssMit“ im Zentrum von Bad Münstereifel seine Pforten. Und nicht zuletzt muss der auf gut 900 Quadratmeter angelegte neue Heilpädagogische Arbeitsbereich in Zingsheim erwähnt werden, der im letzten Jahr fertig gestellt wurde.

Für Wilhelm Stein gab es in seiner Tätigkeit viele Meilensteine. Besonders viel Freude hatte er bei der Aufbauarbeit. Zu sehen, wie geplante Dinge umgesetzt werden und erfolgreich funktionieren, waren für ihn besondere Momente. Stolz ist er auch auf die vielen verschiedenen Arbeitsplätze, die die NEW für Menschen mit Handicap bietet. Hierbei hebt er die von NEW entwickelten Saunakabinen hervor, tolle und hochwertige Eigenprodukte, die seit mehr als 30 Jahren erfolgreich verkauft werden. Inzwischen ist NEW einer der großen Saunahersteller in Deutschland und vertreibt seine Saunen bundesweit und in vielen europäischen Nachbarländern. Auch die Aktivitäten der Tochterunternehmen Eulog und Euskirchener Integrationsförderungsgesellschaft sowie die Außenarbeitsplätze sieht er als wichtige Weiterentwicklung der NEW. „Es ist für mich aber besonders schön zu sehen, wie sich die Beschäftigten in den verschiedenen Bereichen immer weiterentwickeln und fachlich ebenso wie in ihrer Persönlichkeit große Fortschritte machen“, so Stein.

Brand am NEW Standort Ülpenich

Emotional am meisten bewegt hat Stein während seiner Dienstzeit der Brand am 2. Juni 2011, als ein Feuer 3.000 Quadratmeter Produktions- und Lagerfläche mit Sanitär- und Sozialräumen am NEW Standort Ülpenich zerstörte, also an jenem Ort, an dem für Stein 1982 alles begonnen hatte. „Wir haben damals sofort nach Lösungen gesucht und waren bereits nach einer Woche an einem neuen Standort wieder produktionsbereit“, erinnert sich Stein. Sehr viel Unterstützung habe man dabei von den Industriepartnern, der Firma Miele in Euskirchen und dem Zülpicher Unternehmen Vetter erfahren, die Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt hätten und bei der Einrichtung der Ersatzarbeitsplätze geholfen haben. Sogleich kümmerte er sich auch um den Wiederaufbau der zerstörten Ülpenicher Werkstatt, die bereits 2013 mit hellen, modernen Räumen fertiggestellt wurde. Es sei damals eine tolle Gemeinschaftsleistung gewesen, die die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bis heute sehr eng zusammengeschweißt habe.

Mit der Suche nach einem neuen Geschäftsführer habe man es sich nicht leicht gemacht, verriet Stein. Bereits vor zwei Jahren habe sich der Verwaltungsrat mit dem Thema Nachfolge befasst und man habe sich auch die Frage gestellt, ob nur ein einziger Geschäftsführerposten für die Unternehmensgruppe noch angemessen sei. Man habe sich schließlich für eine Doppelspitze entschieden und dem neuen Geschäftsführer den langgedienten Verwaltungsleiter Wilfried Fiege zur Seite gestellt, zumindest für die nächsten drei Jahre, bis auch Fiege in den Ruhestand geht. Fiege ist bereits seit 34 Jahren bei den NEW und kennt als bisheriger Verwaltungsleiter und Prokurist die Abläufe des Unternehmens aus dem Effeff.

Über einen Dienstleister habe man schließlich eine Ausschreibung für den neuen Geschäftsführerposten erstellt. „Wir wollten auf jeden Fall wieder jemanden mit einem betriebswirtschaftlichen und kaufmännischen Hintergrund, da bei NEW ein Budget von mehr als 40 Millionen Euro im Jahr zu erwirtschaften ist und Geschäfts- und Finanzierungsprozesse zu steuern sind“, berichtete Stein. Aber auch die menschliche Komponente sei sehr wichtig gewesen. Man sei sich sicher, mit Georg Richerzhagen den Menschen gefunden zu haben, der allen Anforderungen gerecht werde. Zudem stehe ihm ein hochprofessionelles Leitungsteam zur Seite, das über die notwendigen pädagogischen und sozialen Fachkenntnisse und Erfahrungen für die Begleitung von Menschen mit Behinderung verfüge.

„Hell, freundlich, aufgeräumt, offen“

Der 50-jährige Richerzhagen stammt genau wie Wilhelm Stein gebürtig aus Köln und lebt seit 2000 mit seiner Frau und seinen drei Kindern in Euskirchen. Der neue Geschäftsführer der NEW, der seit dem 1. Juni im Amt ist, ist studierter Diplomkaufmann und arbeitete mehr als zehn Jahre in einem großen Keramikunternehmen, wo er sich vom Assistenten des Vorstandsvorsitzenden zum Leiter Konzerncontrolling entwickelte. Seit 2006 war er Geschäftsführer in drei weiteren Keramikbetrieben und arbeitete unter anderem in Sachsen, Bayern und Mecklenburg-Vorpommern. „Aber keine Sorge“, scherzte er, „ich möchte bei den NEW keine Töpferwerkstatt aufbauen.“

Richerzhagen sieht sich in erster Linie als Kaufmann, auch wenn er die Geschäftsführung in einer sozialen Einrichtung ganz bewusst gesucht habe. Seine ersten Eindrücke bei den NEW beschreibt er so: „Hell, freundlich, aufgeräumt, offen - und vor allem ist alles sehr professionell.“ Man habe ihn mit offenen Armen empfangen und er hoffe, die Erfolgsgeschichte der NEW fortsetzen zu können.

„Zunächst aber muss ich mich hier noch zurechtfinden und viele Leute kennenlernen“, sagte er, „es ist unglaublich, wie Herr Stein fast jede Mitarbeiterin und jeden Mitarbeiter mit Namen ansprechen kann und bei unseren Runden durchs Unternehmen offen für jedes Gespräch ist.“ Er selber sehe sich als Teil eines Teams und sei von seinen hochmotivierten Mitarbeitern schon jetzt begeistert.

Einig sind sich der alte und der neue Geschäftsführer darin, dass es in einem Unternehmen besonders wichtig ist, das menschliche Potenzial der Mitarbeiter zu erkennen und zu nutzen. „Arbeit sollte nicht nur als Motivation für ein Einkommen dienen“, sagte Stein, sondern jeder müsse sich auch einbringen dürfen. Dem pflichtete Richerzhagen bei: „Man muss Menschen sich entwickeln lassen, ihnen Raum geben und sie auch ins Rampenlicht stellen, wenn sie etwas gut gemacht haben, dadurch wachsen sie und geben dem Unternehmen durch ihre Zufriedenheit wieder sehr viel zurück.“

Verabschiedungsfeier

So ganz will es allerdings mit dem Ruhestand bei Wilhelm Stein noch nicht klappen. Zwar freut er sich, jetzt mehr Zeit für seine Familie und vor allem seine Enkelkinder zu haben und der Familie, die bislang immer auf ihn Rücksicht nehmen musste, etwas Zeit zurückgeben zu können, doch dann fällt ihm ein, dass er schon bald dringend nach Odessa reisen muss, denn dort unterstützt er gemeinsam mit der Friedrich-Haass-Gesellschaft eine Behindertenwerkstatt. Und ja, sein Ehrenamt bei der Lebenshilfe will er selbstverständlich auch weiter fortsetzen.

Wer sich von Wilhelm Stein persönlich verabschieden möchte, der kann dies am Sonntag, 30. Juni, 10.30 Uhr, bei der offiziellen Verabschiedung in den NEW Zingsheim, Auf der Heide 25, tun. Danach kann sich dann jeder beim „Tag der offenen Tür“ selbst ein Bild über die aktuellen Arbeits- und Förderangebote der NEW-Unternehmensgruppe machen. Und selbstverständlich sind auch der neue Geschäftsführer Georg Richerzhagen und sein Kollege Wilfried Fiege vor Ort und stehen für Fragen gern zur Verfügung.

Eifeler Presse Agentur/epa

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